Planung der Existenzgründung
Ambulante Pflegedienste sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten
Pflegefachkraft (Pflegedienstleitung) Pflegebedürftige in ihrer
Wohnung pflegen und hauswirtschaftlich versorgen (§ 71 SGB XI).
Der Schritt in eine Existenzgründung muss gut und über einen längeren Zeitraum geplant sein.
Verfügen Sie über ausreichende fachliche und betriebswirtschaftliche Kenntnisse? Sind Sie ein Unternehmertyp? Wo liegen Ihre
Arbeitsschwerpunkte, z.B. Nischenangebote wie Versorgung von
MS-Kranken, Kinderpflege etc.? Welche Rechtsform soll Ihr
Unternehmen haben? Steht Ihr Gründungskonzept?
Das sind nur wenige Fragen, die im Vorfeld geklärt werden
sollten.
Auf den folgenden Seiten finden Sie einige Tipps, die für eine
erfolgreiche Gründung wichtig sind.
Leistungen bzw. Grundvoraussetzungen einer ambulanten Pflegeeinrichtung
• Durchführung und Organisation der Pflege gemäß dem aktuellen Stand der medizinisch-pflegerischen Erkenntnisse
• Gewährleistung einer ausreichenden, gleichmäßigen und
konstanten pflegerischen Versorgung eines wechselnden
Kreises von Pflegebedürftigen
• Versorgung der Bedürftigen zu jeder Tages- und Nachtzeit,
sowie an Sonn- und Feiertagen, ggf. in Kooperation mit
anderen Pflegediensten
• Verfügung über eigene Geschäftsräume und ständige
Erreichbarkeit z. B. durch ein Rufbereitschaftssystem oder
den Anschluss an ein bestehendes oder zu organisierendes
Notrufsystem
• Kooperationen mit Hausärzten und Sanitätshäusern
Leistungen der ambulanten Pflege nach der sozialen Pflegeversicherung SGB XI sind Sachleistungen für die Versorgung von hilfe- und pflegebedürftigen Menschen, d. h. die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung.
Rechtliche Grundlagen für den Leistungsumfang
• § 4 SGB XI Art und Umfang der Leistungen
• §§ 36 bis 40 SGB XI Leistungen bei häuslicher Pflege
• § 75 Abs. 1 SGB XI Rahmenvertrag über die ambulante pflegerische Versorgung
• Versorgungsvertrag zwischen ambulantem Pflegedienst und Landesverbänden der Pflegekassen gemäß § 72 SGB XI
Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach dem Krankenversicherungsrecht SGB V werden bei medizinischer Notwendigkeit
ärztlich verordnet. Die Versicherten erhalten die erforderliche
Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche
Versorgung.
Ambulante Pflegedienste, die diese Leistungen anbieten wollen,
benötigen einen gesonderten Vertrag mit den Krankenkassen oder
den Krankenkassenverbänden bzw. dem Verband der Ersatzkassen.
Bei Fragen zum Zulassungsverfahren wenden Sie sich an die
Landesvertretung des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen
VdAK e.V. und des AEV Arbeiter-Ersatzkassen-Verbandes e. V.
Hier erhalten Sie neben einer fachlichen Auskunft auch Checklisten zum Zulassungsverfahren und den entsprechenden Zulassungsvoraussetzungen.
Voraussetzungen für einen gelungenen Start
Ambulante Pflegedienste können unterschiedliche Arbeitsschwerpunkte haben. Außer den Leistungen der Kranken- oder Pflegeversicherung können auch Spezialgebiete abgedeckt werden wie
Intensivnachsorge im Rahmen des ambulanten Operierens oder
psychiatrische Fachpflege usw. Das Angebot solcher „Nischenprodukte“ bedarf einer genauen Markt- und Wettbewerbsanalyse.
Es ist schwierig, aber wichtig sich einen Überblick über das bestehende Angebot und den Bedarf zu verschaffen. Kommunen verfügen z.B. über Statistiken zur Altersstruktur eventuell auch über
Alters-Entwicklungsprognosen oder Bedarfsprognosen (z.B.
Altenhilfepläne) von Stadtteilen. Städte, Gemeinden und Pflegekassen können Aussagen über die Versorgungsangebote einer
Region treffen.
Das Sozialdezernat der jeweiligen Kommune verfügt häufig über
eine Liste der unterschiedlichen Pflegedienste.
Ein gut strukturiertes Umfeld ist der ideale Standort, d. h:
• zentrale Lage bspw. im Einkaufszentrum des Stadtviertels
oder an anderen zentralen Plätzen
• ausreichender Kundenkreis in unmittelbarer Nähe
• gute Erreichbarkeit der Geschäftsräume für Kunden und
Mitarbeiter
• Parkplatzmöglichkeiten vorhanden
• Ärzte / Sanitätshäuser / Apotheken sind in der Gegend
angesiedelt
• Anzahl anderer ambulanter Pflegeeinrichtungen ist
nicht zu hoch
Anforderungen an die Geschäftsräume:
• ausreichende Räumlichkeiten für Dienstbesprechungen
und Schulungen
• separater Raum für Pflegedienstleitung
• alle Geschäftsräume können barrierefrei erreicht werden
• genügend Platz für Informationsmaterial im Empfangsbereich
• vorhandene Sanitäranlagen für Mitarbeiter und Besucher
• die Geschäftsstelle muss von außen als solche kenntlich
sein (Schild mit Name, Öffnungszeiten, Telefonnummer)
Ein Unternehmen aufzubauen, zu leiten und zu führen bedarf
hohes Engagement, selbständiges Arbeiten und Verantwortung für
sich und seine Mitarbeiter zu übernehmen. Vor der Existenzgründung sollten Sie abklären, ob Sie persönlich und auch
gesundheitlich in der Lage sind, diese Aufgabe zu bewältigen.
Die folgende Checkliste soll Ihnen bei der Einschätzung helfen:
Wie beurteilen Sie Ihre Lage in den verschiedenen Lebens-
bereichen?
Antworten Sie mit „Ja“ oder „Nein“.
Je öfter Sie mit „Nein“ antworten, desto eher sollten Sie Ihr
Arbeitsleben verändern.
Ist das Vorhaben mit der Familie besprochen?
Ist die Familie bereit, Ihnen ausreichend Unterstützung zu geben?
Sind Sie bereit und in der Lage zunächst bis zu 50 Stunden in der Woche zu arbeiten?
Konnten Sie in Ihrem Berufsleben bereits Führungserfahrungen sammeln?
Sind Sie entscheidungsfreudig?
Können Sie Mitarbeiter anleiten und Aufgaben delegieren?
Sind Sie konfliktfähig?
Haben Sie Erfahrungen in der Kundenakquisition?
Kommunizieren Sie gern mit anderen Personen?
Verfügen Sie über soziale Kompetenzen, Taktgefühl und Geschick im Umgang mit Menschen?
Arbeiten Sie organisiert und strukturiert?
Können Sie mit Veränderungen flexibel umgehen?
Haben Sie Ihren Gesundheitszustand ärztlich überprüfen lassen und fühlen Sie sich gesundheitlich fit?
Sind Sie in der Lage, die körperlichen Anforderungen (Bewegen von Pflegebedürftigen) zu bewältigen?
Sind Sie psychisch belastbar?
Können Sie Ärger, Zeitdruck, finanzielle Engpässe bewältigen?
Sind Sie in der Lage, in Ihrer Freizeit von der Arbeit abzuschalten (Erholungsfähigkeit)?
Im ambulanten Pflegedienst ist zu unterscheiden zwischen dem
Inhaber / Eigentümer und der verantwortlichen Pflegefachkraft
bzw. der Pflegedienstleitung (PDL). Der Eigentümer kann eine
PDL einstellen, aber auch die Funktion selbst übernehmen, wenn
er über die erforderliche Aus- und Weiterbildung verfügt und vollzeitbeschäftigt im Unternehmen tätig ist.
Neben der Pflegedienstleitung muss eine stellvertretende
Pflegefachkraft sozialversicherungspflichtig eingestellt sein. Die
Stellvertretung ist verpflichtet, bei einem Ausfall der PDL z. B.
durch Verhinderung, Krankheit oder Urlaub, den Betrieb eigenhändig zu führen.
Rechtliche Grundlagen für die fachliche Qualifikation der PDL
Fachliche Voraussetzungen für die Pflege und Betreuung nach
dem Pflegeversicherungsrecht SGB XI:
• § 71 Abs. 3 SGB XI
• Gemeinsame Grundsätze und Maßstäbe zur Qualität und Qualitätssicherung nach § 80 SGB XI
Fachliche Voraussetzungen für die häusliche Krankenpflege nach dem Krankenversicherungsrecht SGB V
• § 37 SGB V
• Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und Abs. 7 SGB V
• Bundesrahmenempfehlungen nach § 132 a Abs. 1 SGB V
Da diese Bundesempfehlungen noch nicht existieren, werden
die entsprechenden Voraussetzungen derzeit in den Verträgen
zwischen Pflegedienste und Krankenkassen nach § 132 a Abs. 2
SGB V geregelt.
Die Anforderungen an die fachliche Qualifikation variieren zwischen den einzelnen Bundesländern.
Übersicht zur fachlichen Voraussetzung einer Pflegedienstleistung (PDL)
Krankenversicherung SGB V Pflegeversicherung SGB XI
Berufliche Qualifikation der PDL
- Gesundheits- und Krankenpfleger/-in
- Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/-in
- Altenpfleger/-in
- nur bei Pflege und Betreuung behinderter Menschen
- Heilerziehungspfleger/-in;
- Heilerzieher/-in
Berufliche Erfahrung
In der Regel: Nachweis über eine dreijährige
praktische hauptberufliche und
vollzeitbeschäftigte Tätigkeit in
einem Krankenhaus, Altenheim
oder ambulanten Pflegedienst
innerhalb der letzten 6 Jahre
(bundeslandspezifisch).
Nachweis über zweijährige
praktische hauptberufliche und
vollzeitbeschäftigte Tätigkeit,
davon mindestens 1 Jahr im
ambulanten Bereich innerhalb
der letzten 5 Jahre.
Weiterbildungsmaßnahme für leitende Funktionen (Mindeststundenzahl von 460 Stunden) oder Abschluss einer Ausbildung
im Pflegemanagement an einer Fachhochschule oder Universität (ist nach einem Urteil des BSG vom 24.09.02 strittig).
Die Mindestanzahl der vollzeitbeschäftigten Pflegefachkräfte
sowie die Anzahl weiterer geeigneter Pflegekräfte ist je nach
Bundesland unterschiedlich geregelt (häufig 2-3 Mitarbeiter).
Informationen erhalten Sie bei den örtlichen Pflegekassen, dem
VdAK (Verband der Angestellten-Krankenkasse e. V.) und dem
AEV (Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V.).
Eine vorangegangene Bedarfsermittlung für das notwendige fachliche Know-how dient als Grundlage eines Stellenprofils für die
gezielte Suche und Auswahl der Mitarbeiter.
Zu den geeigneten Kräften zählen:
• Gesundheits- und Krankenpfleger/-in
• Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/-in
• Altenpfleger/-in
• staatlich anerkannte Familienpfleger/-in,
• staatlich anerkannte Krankenpflegehelfer/-in
• staatlich anerkannte Altenpflegehelfer/-in
• Haus- und Familienpflegehelfer/-in
• Hauswirtschafterinnen/ Hauswirtschafter etc.
Die Beschäftigten dürfen nur die Leistungen erbringen, für die sie
eine entsprechende Berufsausbildung nachweisen können.
Beim Einsatz von Pflegehilfskräften und angelernten Kräften, z. B.
Praktikanten oder Zivildienstleistende, ist sicherzustellen, dass die
Pflegedienstleitung die Anleitung und Kontrolle der erbrachten
Arbeit gewährleistet.
Rechtliche Grundlagen für die fachliche Qualifikation der
Mitarbeiter
• Rahmenvertrag über die ambulante pflegerische Versorgung
gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI
• Gemeinsame Grundsätze und Maßstäbe zur Qualität und
Qualitätssicherung nach § 80 SGB XI
• Versorgungsvertrag zwischen ambulantem Pflegedienst
und Pflegekasse
• Bundesrahmenempfehlung nach § 132 a Abs. 1 SGB V
• Vertrag nach § 132 a Abs. 2 SGB V zwischen ambulanten
Pflegediensten und Krankenkassen
So finden Sie den richtigen Mitarbeiter – Inhalte eines
Stellenprofils
• Funktion
• Arbeitsfelder (Behandlungspflege, Grundpflege, hauswirtschaftliche Versorgung)
• entsprechende berufliche Voraussetzungen
(Krankenschwester, Altenpfleger/-in Pflegehelfer etc.)
• Zusatzqualifikationen
• sonstige Fähigkeiten (Pflegebeobachtung, Führen einer
Dokumentation, in Eigenverantwortung arbeiten, Beratung
von Pflegebedürftigen)
• Berufserfahrung
• Einsatzzeiten (wann und wo)
• Teil- oder Vollzeitbeschäftigung
• Notwendigkeit eines Führerscheins
• Sprachkenntnisse
Kosten einer Existenzgründung
Die Startfinanzierung ist im eigenen Interesse großzügig zu kalkulieren. Oft ist der Finanzbedarf höher und Einnahmen kommen
schleppender, als man am Anfang annimmt. Die Startfinanzierung
sollte daher den Rückhalt für die ersten drei Monate liefern, denn
Kosten entstehen und Einnahmen kommen verzögert.
An was Sie denken sollten:
• Steuern (Lohnsteuernachzahlung), Kosten für Steuerberater
• Personalkosten:
Neben der monatlichen Vergütung sind auch Urlaubs- und
Weihnachtsgeld, die Beiträge für die Unfallversicherung bei
der Berufsgenossenschaft (Mitgliedsbeiträge), die Kosten
für Fort- und Weiterbildung, Aufwendungen für die
Gesundheitsvorsorge (z. B. Impfungen der Mitarbeiter)
und das eigene Gehalt zu berücksichtigen.
• Soziale Absicherung des Unternehmers:
Je nach Rechtsform ist der Unternehmer als Selbständiger
für seine eigene soziale Absicherung zuständig. Die Form
und Höhe der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung
liegt im eigenen Ermessen.
• Versicherung:
Nach der sozialen Pflegeversicherung § 75 Abs. 1 SGB XI
(gemäß Rahmenvertrag über die ambulante pflegerische
Versorgung gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI) und der gesetzlichen
Krankenversicherung § 132a SGB V (gemäß Vertrag nach
132 a Abs. 2 SGB V zwischen ambulantem Pflegedienst und
Spitzenverbänden der Krankenkassen) ist jeder ambulante
Pflegedienst verpflichtet, eine ausreichende Betriebs- und
Berufshaftpflichtversicherung für Personen-, Sach- und
Vermögensschäden abzuschließen. Wichtig: In den Arbeitsfeldern, in denen ein Pflegedienst tätig ist, muss jedes versichernde Risiko im Detail aufgeführt werden. Auch sollten
Risiken wie Abwässerschäden bspw. durch die Bedienung
der Waschmaschine in der Wohnung des Pflegebedürftigen
oder der Verlust des Schlüssels abgesichert sein.
• Sachausstattung:
Zur Einrichtung und Ausstattung müssen immer die
jeweiligen Anforderungen der Leistungsträger berücksichtigt
werden. Folgende Kosten sind einzuplanen:
- Miete für die Geschäftsräume inkl. Nebenkosten
- Anschaffung und laufende Kosten für die Telefonanlage
- Anschaffung von Verbrauchs- und Pflegehilfsmittel
- Beschaffung und Pflege persönlicher Schutzbekleidung
- Anschaffung der Fahrzeuge (Auswahl des Modells,
Entscheidung Leasing, Kauf, Miete oder Nutzung eigener
Fahrzeuge der Mitarbeiter), Steuern, Autoversicherung,
Inspektionen und Reparaturen, sowie laufende Fahkosten (Kilometerpauschale).
- Finanzierung der Werbung (PKW, Flyer, Anzeigen etc.)
- Anschaffung von Software
Wer kann beraten?
• Banken und Sparkassen
• IHK
• Steuer- und/ oder Unternehmensberater
• RKW Bundesgeschäftsstelle e.V.
• RKW Landesverbände
• Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA)
• Wirtschaftsministerien der Bundesländer
• Fach- und Branchenverbände
• Arbeitsämter
• Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW)
• Verband der Angestellten-Krankenkassen VdAK e.V. und AEV Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V.