Arbeitsbedingungen
Die ambulante Pflege verlangt von den Mitarbeitern hohe
Flexibilität und Mobilität. Begründet in dem permanenten
Arbeitsplatzwechsel, einer ständigen Anpassung an die individuellen Wohnräume und häufigen Zeitdruck aufgrund von Wegezeiten,
Parkplatzsuche, Staus, Wetterlage.
Wie kann man die Arbeitsbedingungen verbessern? Welche
Möglichkeiten für gesundes Arbeiten gibt es? Wie ist die Umsetzung im privaten Haushalt des Pflegebedürftigen, in dem die
Pflegefachkraft nur Gast ist, zu realisieren?
Lösungsansätze
Angemessene ergonomische und hygienische Standards schaffen
und psychische Fehlbelastungen reduzieren durch:
1. Einrichtung des Arbeitsplatzes „Wohnzimmer“
2. Immer die Haltung bewahren – Rückenschonendes Bewegen von Pflegebedürftigen
3. Optimieren der Arbeitsorganisation einschließlich der Arbeitszeiten und Tourenpläne
4. Führung und Qualifizierung der Mitarbeiter
5. Emotionsarbeit – Unterstützung bei emotionalen Belastungen
6. Hygienemanagement
1. Einrichtung des Arbeitsplatzes „Wohnzimmer“
Die Pflegefachkraft Frau Hinze hat heute Frühdienst. Wenn
nicht wieder der Dienstwagen streikt, ist sie pünktlich um 7 Uhr
bei Herrn Müller. Ihr Arbeitstag beginnt mit Waschen, den
Diabetiker mit Insulin versorgen, das Frühstück machen und
die Wohnung aufräumen. Diese Tätigkeiten sind eigentlich kein
Problem für sie, aber die Wohnung ist sehr klein, beengt und
mit Möbeln vollgestellt. An notwendigen Pflegehilfsmitteln fehlt
es. Die Haupttätigkeit besteht für Frau Hinze oft im Wegräumen
und Verschieben von Möbeln, um überhaupt Platz zu haben.
Sie hat Herrn Müller vergeblich gebeten, einige Möbelstücke
wegräumen zu lassen, damit sie ihn besser pflegen kann.
Auseinandersetzungen mit ihm hat Frau Hinze aufgegeben,
denn sie weiß, dass sie ihn nicht überzeugen kann.
Es ist eine Herausforderung für jede Pflegefachkraft, die individuellen Wohnverhältnisse des Hilfebedürftigen nach ergonomischen Aspekten einzurichten. Zunächst ist es wichtig, den zu
Pflegenden und dessen Angehörigen über eventuelle
Veränderungen zu informieren und sich abzusprechen.
Damit die Mitarbeiter erst gar nicht in die Situation wie Frau Hinze
geraten, sind von der Pflegedienstleitung beim Erstbesuch die
Arbeitsverhältnisse zu beurteilen. Es müssen Maßnahmen getroffen werden, die Unfallgefahren und körperlichen Belastungen für
die Mitarbeiter vorausschauend zu reduzieren.
Wichtig ist dabei die Beratung der Pflegebedürftigen und deren
Angehörigen über den Sinn und Zweck der Veränderungen, die
nicht als Einschnitte in die Privatsphäre erlebt werden dürfen.
Manchmal muss auch Überzeugungsarbeit geleistet werden.
Argumente für Veränderungen
• nur gesunde Pflegekräfte können gute Arbeit leisten
• die Beseitigung von Stolperstellen schützt alle
• unfallbedingte Krankheitsausfälle werden vermieden
• der Einsatz von Pflegehilfsmitteln und technischen Hilfen garantiert Qualität in der Pflege
• der Patient wird sicherer und besser versorgt
Lassen Sie dem Pflegebedürftigen Zeit, sich an die bevorstehen-
den Veränderungen zu gewöhnen!
Nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, die Gefährdungen, denen die Beschäftigten ausgesetzt sein können, zu beurteilen und ggf. erforderliche
Maßnahmen zu ergreifen.
Eine Gefährdungsbeurteilung beginnt mit der Feststellung des
Ist-Zustandes, bei der sich der Arbeitgeber ein Bild von den
Arbeitsbedingungen in seinem Betrieb macht. Im nächsten
Schritt gilt es festzustellen, ob Defizite bestehen, die mit geeigneten Maßnahmen abgestellt oder verringert werden können.
Die Umsetzung der Maßnahmen sowie eine Wirkungskontrolle
vervollständigen die Gefährdungsbeurteilung. Bei gravierenden
Änderungen der Arbeitsbedingungen ist erneut eine
Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Es empfiehlt sich,
diese Schritte entsprechend zu dokumentieren.
Beispiele zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen
• Beseitigen von Stolperquellen: Abkleben von hochstehenden Teppichkanten, Entfernen von Teppichläufern auf glattem Untergrund, Beseitigen oder Abkleben von Kabeln auf dem Fußboden
• Schaffen von Bewegungsfreiheit: Gegenstände zur Seite räumen
• Anpassen der Lichtverhältnisse: nicht im Dämmerlicht arbeiten
• Beschaffen von technischen Hilfsmitteln: höhenverstellbares Bett, Rollstuhl, Lifter wie Badewannen-, Bett- oder Treppenlifte, Gehwagen
• Beschaffen und Einsetzen von „kleinen“ Hilfsmitteln: Patientenaufrichter, Bettleiter, Anti-Rutsch Matte, Stecklaken, Transporttuch
2. Immer die Haltung bewahren!
Frau Hinze muss täglich Pflegebedürftige heben, tragen und
umbetten. Ergonomische Hilfsmittel verwendet sie selten, häufig stehen gar keine zur Verfügung.
Die Folgen: Frau Hinze leidet in letzter Zeit häufig an
Rückenbeschwerden.
Im schlimmsten Fall könnten ihre Schmerzen auf einen
Bandscheibenvorfall hinweisen.
Das bedeutet für das Unternehmen:
• Ausfall der Pflegefachkraft bis zu drei Monaten
• erhebliche Störung des Betriebsablaufs
• sechs Wochen Lohnfortzahlung
• die Pflegebedürftigen werden von unterschiedlichen Pflegekräften betreut
• Überlastung des übrigen Personals durch zusätzliche Dienste und Überstunden
• Suche nach einer Vertretung
Die Gründe für Rückenschmerzen der Beschäftigten liegen auf der Hand:
• vollgestellte Zimmer
• beengte sanitäre Räume
• kein geeignetes Pflegebett
• schwere Lasten
• verminderte Aufmerksamkeit während der Arbeit
• mangelnder Einsatz von Hilfsmitteln
• fehlende Kollegenunterstützung
• Zeitdruck führt zu zusätzlichen Verspannungen der Muskulatur
Folgen:
• anstrengende Körperbewegungen (Dreh- und Bückbewegungen) und Zwangshaltungen
• belastendes häufiges Bücken sowie der Umgang mit Lasten aus ungünstigen Haltungen
Rückenschmerzen sind aber kein Berufsrisiko, mit dem sich
Pflegekräfte abfinden müssen. Richtiges Verhalten und rückenschonende Arbeitsverhältnisse können die Fehlbelastungen und
damit den Rückenschmerz vermindern bzw. verhindern.
Die Mitarbeiter sollten von Beginn ihrer Tätigkeit an überzeugt werden, rückenschonende Arbeitstechniken anzuwenden. Das setzt
voraus, dass alle Beschäftigten über die auftretenden Belastun-
gen, über rückenschonende Verhaltensweisen und über die richtige Anwendung der Pflegehilfsmittel informiert und entsprechend
qualifiziert werden. Nur mit der richtigen Qualifikation kann der
Mitarbeiter die Gefahren erkennen und vermeiden.
Beim Bewegen von hilfebedürftigen Menschen sollten immer
Arbeitstechniken angewendet werden, die sich am Wohlbefinden
der Pflegebedürftigen orientieren und gleichzeitig die Pflegekräfte
entlasten. Zu diesen Arbeitstechniken zählen unter anderem das
Bobath-Konzept und die Kinästhetik.
Bobath-Konzept
Beim Bobath-Konzept wird durch die Aktivierung der
Bewegungsfähigkeit des Pflegebedürftigen die Belastung der
Pflegekraft verringert. Ursprünglich wurde dieses Konzept als
Pflegemethode für Schlaganfall-Patienten entwickelt.
Kinästhetik
Kinästhetik hat zum Ziel, die Bewegungs-, Berührungs- und
Wahrnehmungsfähigkeiten der Pflegekräfte zu verbessern. Die
Pflegenden lernen, sich mit dem Pflegebedürftigen über die körperliche Berührung zu verständigen und die eigene
Körperbewegung zu nutzen, um den Pflegebedürftigen zu
bewegen.
Kinästhetik ist ein Handlungskonzept und keine neue Technik
zum Bewegen von Pflegebedürftigen.
Weitere Informationen erhalten Sie bei der Berufsgenossenschaft
für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW).
Rückenschonende Verhaltensweisen sind nur dann anwendbar,
wenn es die Arbeitsumgebung zulässt. Wichtige Voraussetzung
ist, dass allen Mitarbeitern die notwendigen Pflegehilfsmittel zur
Verfügung gestellt werden. Jeder Arbeitgeber ist gemäß des Arbeitsschutzgesetzes
(ArbSchG) verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, die für die
Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten förderlich sind.
Maßnahmen für rückenschonendes Arbeiten
1. Förderung des gesunden Verhaltens der Mitarbeiter durch:
• regelmäßige Qualifikation und Information über neue Pflegehilfsmittel z. B. mit Unterstützung eines Sanitätshauses
• Fortbildungsangebote zum Erlernen arbeitsplatzbezogener optimaler Bewegungsabläufe, Arbeitstechniken und entlastender Körperhaltungen sowie zur Kinästhetik
• Rückenschulen und Gymnastik
2. Schaffung „gesunder“ Verhältnisse:
• Durchführung einer Vor-Ort-Analyse zur Ermittlung der körperlichen Belastungen (gesetzliche Pflicht des Unternehmers gemäß Arbeitsschutzgesetz § 5)
• Planung des zweckmäßigen Einsatzes technischer Hilfsmittel, wie Drehscheibe, Gehgürtel, Rutschbrett, Gleitmatte
• rückengerechte Einrichtung des Arbeitsplatzes „Wohnzimmer“
• Absprachen mit den Pflegebedürftigen / Angehörigen
• Bereitstellung von Arbeits- und Schutzkleidung, die ausreichend Bewegungsfreiheit bietet z. B. beim Beugen der Knie oder in Schrittstellung
Pflegebedürftige haben Anspruch auf die Versorgung mit
Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege und zur
Linderung der Beschwerden beitragen oder eine selbständigere
Lebensführung ermöglichen. Nach der Überprüfung durch die
Pflegekasse über die Notwendigkeit der Versorgung stellt die
Pflegeversicherung die technischen Pflegehilfsmittel individuell
nach Bedarf kostenlos zur Verfügung. Der Verbrauch bestimmter
Hilfsmittel darf einen monatlichen Betrag von 31 € nicht über-
steigen (§ 40 SGB XI).
3. Die Arbeit organisieren
Frau Hinze eilt zu ihrem nächsten Pflegebedürftigen. An eine
Mittagspause ist nicht zu denken, denn die Pflege und Betreuung der altersverwirrten Damen nimmt mehr Zeit in
Anspruch als geplant. Außerdem sind die Wegezeiten zwischen den Einsätzen schlecht zu kalkulieren, denn Stau und
Parkplatzsuche sind nicht planbar.
Frau Hinze weiß bald nicht mehr weiter. Nur selten schafft sie
es in die Geschäftsstelle zu fahren. Seit zwei Wochen hat sie
sich mit keinem Kollegen mehr unterhalten können und
Dienstbesprechungen werden wegen des hohen Krankenstandes der Kollegen sehr unregelmäßig durchgeführt.
Erschöpft geht Frau Hinze in den Feierabend. Gegen 20 Uhr
erreicht sie der Anruf eines Angehörigen von Frau Winter, einer
Pflegebedürftige der Pflegestufe 3. Die Tochter fragt nach, wo
die Pflegekraft bleibt. Frau Hinze wird klar, dass Fehler bei der
Dienstplanung eingetreten sind und Frau Winter vergessen
wurde...
Ein Unternehmen ist gegründet und qualifizierte Mitarbeiter sind
eingestellt. Die anfallenden Arbeitsaufgaben müssen nun effektiv
erledigt werden – ohne eine durchdachte Organisation der Arbeit
ist dies kaum möglich.
Die Organisation der Arbeit bedeutet zu definieren:
• Welche Tätigkeiten werden in welcher Reihenfolge erledigt?
• In welcher Zeitspanne?
• Durch welches Personal?
Die Arbeitsorganisation muss in das Qualitätsmanagement einbe-
zogen sein, denn eine solche Panne wie das Vergessen von hilfe-
bedürftigen Menschen, ist ein unverzeihlicher Qualitätsmangel.
Folgende Kriterien sind bei der Arbeitsplanung zu berücksichtigen:
• Art und Umfang des individuellen Pflegebedarfs jedes Pflegebedürftigen
• Verteilung der Arbeitsaufgaben entsprechend der Fähigkeiten und Qualifikation der Mitarbeiter
• Dienst- und Tourenplangestaltung unter Berücksichtigung des Arbeitszeitgesetzes, orientiert am individuellen Bedarf der Pflegebedürftigen, an den Wünschen der Mitarbeiter und unter Berücksichtigung der Wegezeiten
• Verfügbarkeit der Mitarbeiter (Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigung)
• Beschäftigung von Praktikanten unter 18 Jahren (Jugendarbeitsschutzgesetz)
• Beschäftigung von werdenden Müttern (Mutterschutzgesetz)
• Sicherstellung der Pflege bei Krankheitsausfall der Mitarbeiter
• Einplanung regelmäßiger Dienstbesprechungen und Teilnahmemöglichkeit
• Organisation einer Notfallplanung
Neben einer sinnvollen und korrekten Arbeitsorganisation müssen
die Mitarbeiter in der Lage sein, ihre Arbeitsaufgaben klar zu kennen und zu beschreiben.
Die Leistungen sind im Vorfeld definiert und festgelegt. Jeder
Mitarbeiter muss gegenüber überhöhten Erwartungen seitens der
Pflegebedürftigen Grenzen setzen können. Sie dürfen sich nicht
für andere Arbeiten, in der schon knapp bemessenen Zeit, überreden lassen.
Die Mitarbeiter müssen entsprechend ihrer Qualifikation in den
Aufgabengebieten eingesetzt werden, der Umfang darf nicht zur
Überforderung führen und die Aufgaben müssen klar definiert und
transparent sein.
Um einseitigen psychischen oder physischen Belastungen vorzu-
beugen, ist es sinnvoll einen „Betreuungsmix“ zu organisieren.
Für den Mitarbeiter, der mehrmals am Tag schwere Pflegebedürftige bewegen muss oder verstärkt „schwierige“ Pflegebedürftige zu
betreuen hat, wäre eine Abwechslung in der Schicht (Tätigkeitswechsel) durchaus eine Schonung der Gesundheit.
Im Arbeitsalltag bedeutet das: Die Mitarbeiter betreuen sowohl
„schwere“ Pflegefälle, als auch Pflegebedürftige, die in ihrer
Selbständigkeit nicht so stark eingeschränkt sind.
Mitarbeiter in ambulanten Pflegediensten legen täglich viele
Kilometer mit dem PKW oder Fahrrad zurück. Oftmals sind die
Entfernungen zwischen den einzelnen Pflegebedürftigen groß.
Wenn es die Gegebenheiten erlauben, ist der tägliche Einsatz so
zu planen, dass kurze Wegstrecken zu fahren sind.
Eine hohe Kilometeranzahl oder schwierige Parkplatzsuche ver-
stärken den Zeitdruck und das Unfallrisiko. Eine Tour mit ökonomischen Wegstrecken und Zeitpuffern verringert Stress und Hektik.
An die Arbeitzeitplanung eines Pflegedienstes werden verschiedene Anforderungen geknüpft: Gewährleistung einer 24-Stunden-
Betreuung, Versorgung an Feiertagen und Wochenenden.
Bei knappen personellen Ressourcen und zur Einhaltung gesetzlicher Arbeitszeitregellungen sind praktikable Lösungen gefragt.
Vorschläge für eine „gesunde“ Arbeitszeitgestaltung:
• Die tägliche Arbeitszeit sollte acht Stunden nicht überschreiten, sonst nehmen Ermüdung, Fehlleistungen und Unfälle überproportional zu. Die Frühschicht sollte nicht vor 6:30 Uhr beginnen, da ein zu frühes Aufstehen die Nacht sehr verkürzt.
• Das Arbeitszeitgesetz schreibt eine durchschnittliche ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden zwischen zwei Schichten vor, eine längere Ruhezeit ist empfehlenswert.
• Die Anzahl der hintereinander liegenden Arbeitstage soll sich auf fünf bis sieben Tage begrenzen und das Wochenende zwei freie Tage haben. Pflegekräfte, die an Sonn- und Feiertagen arbeiten, müssen innerhalb der kommenden zwei Wochen jeweils einen Ersatzruhetag erhalten.
• Pflegedienste, die im Nachtdienst arbeiten, sollten bei der Erstellung der Dienstpläne auf eine vorwärtsrotierende Schicht achten, d.h. Frühdienst Spätdienst Nachtdienst. Eine Vorwärtsrotation von Schichten ist aus arbeitsmedizinischer Sicht günstiger, da der Biorhythmus weniger gestört wird als eine Rückwärtsrotation. Die Schichtsysteme sollten schnell rotierend gestaltet werden. Alle drei Tage ein Wechsel ist gesundheitlich weniger belastend als wöchentlich wechselnde Dienste. Nach dem letzten Nachtdienst sind zwei freie Tage bis zum kommenden Frühdienst für die Erholung angemessen.
• Während der Arbeitszeit stehen den Mitarbeitern festgelegte Erholungspausen von 30 Minuten nach sechs Stunden zu.
Mit dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) sind die Arbeitszeitgestaltung
und die Rahmenbedingungen für die Verbesserung flexibler
Arbeitszeiten geregelt.
Ein gut geplanter und gerecht verteilter Dienstplan, der mit allen
Mitarbeitern abgestimmt ist, gibt den Beschäftigten Sicherheit für
ihre privaten Pläne, erleichtert die Vereinbarkeit der Arbeit mit den
Anforderungen der Familie und des Freundeskreises. Das steigert
die allgemeine Arbeitszufriedenheit und die Leistungsfähigkeit.
Vorschläge zur Dienstplangestaltung:
• Sprechen Sie die Einsatzplanung immer mit ihren Mitarbeitern ab und berücksichtigen Sie nach Möglichkeit deren individuellen Bedürfnisse.
• Erarbeiten Sie den Dienstplan bereits im Vormonat, so dass auch die Mitarbeiter im Voraus planen können.
• Berücksichtigen Sie bei der Dienstplangestaltung Zeiten für Dienstgespräche und Weiterbildungen.
• Legen Sie in der Dienstplanung Übergabezeiten (Schlüsselübergabe etc.) fest.
• Organisieren Sie (je nach Möglichkeit) Pausen für gemeinsame Kommunikation.
• Gestalten Sie den Dienstplan nach den Anforderungen des MDK. Informationen erhalten Sie bei dem MDK ganz in ihrer Nähe.
4. Prima Klima – mit der richtigen Führung
Unter extremer Hektik muss Frau Hinze schon seit einigen
Wochen arbeiten. Außerdem hat sie vermehrt Wochenend-
dienste, da Kollegen krankheitsbedingt ausfallen. An Urlaub,
den sie dringend braucht, ist gar nicht zu denken.
Sie ist unzufrieden mit der Arbeitssituation: ständig allein
arbeiten, keine Rückmeldung, kein Erfahrungsaustausch.
Die Sorgen der Pflegebedürftigen nimmt sie häufig mit nach
Hause und kann nicht abschalten. Sie ist demotiviert und hat
keine Lust mehr. Manchmal kommt der Gedanke, alles hinzu-
schmeißen.
Nichts ist teurer als der Verlust engagierter und erfahrener
Mitarbeiter. Fachwissen, Wissen über die Betriebsabläufe und
über die Pflegebedürftigen geht verloren und vielleicht wechseln
deshalb Pflegebedürftige zu anderen ambulanten Diensten.
Die Suche und Einarbeitung neuer Beschäftigter ist langwierig und
nicht immer von Erfolg gekrönt.
Aber nicht nur der Verlust der Mitarbeiter kostet Geld, auch
Mitarbeiter, die demotiviert und lustlos zur Arbeit kommen oder
wegen Krankheit ständig ausfallen.
Führungskräfte unterschätzen oft, dass sie maßgeblich zur Leistungsbereitschaft, Motivation und Zuverlässigkeit der Mitarbeiter
beitragen. Gerade in kleinen Einrichtungen wird der Aufgabe „Führung“ zu wenig Zeit eingeräumt, denn hier ist die Führungskraft zu
sehr im Tagesgeschäft involviert.
Die Leitung des Unternehmens muss als eigene Aufgabe begriffen
werden.
Beispiele für Aufgaben einer Führungskraft
• Arbeitsorganisation
• Kommunikation und Information
• Personalentwicklung
• Qualitätsmanagement
• Arbeits- und Gesundheitsschutz
Klare, vorhersehbare und gerechte Aufgabenverteilung:
Die Mitarbeiter müssen klare und verständliche Arbeitsanweisungen mit Entscheidungs- und Handlungsspielräumen
erhalten. Die Aufgaben müssen sinnvoll erscheinen, sonst wird
die Leistungsbereitschaft gehemmt, neue Ideen oder Verbesserungsvorschläge bleiben aus.
Delegieren von Aufgaben
Mitarbeiter, die eigenverantwortlich arbeiten können und wollen,
brauchen Aufgaben, die sie fordern und fördern. Eine
Führungskraft muss in der Lage sein, Aufgaben an die Mitarbeiter
delegieren, um für andere Tätigkeiten wie Akquisition von neuen
Kunden offen zu sein.
Durchführung regelmäßiger Mitarbeitergespräche
In Gruppen- oder Einzelgesprächen können Probleme des
Arbeitsalltages ausgetauscht und gelöst, die Arbeitsplätze beurteilt
und verbessert, Beschwerden von Pflegebedürftigen diskutiert und
Veränderungsvorschläge eingebracht werden.
Wichtig für eine gute Kommunikation ist ein offenes Gesprächsklima.
Mitarbeitergespräche sind unverzichtbar, denn die Beschäftigten
besitzen Expertenwissen bezüglich ihrer Arbeit und können so
Schwachstellen aufdecken, die Außenstehende nicht bemerken.
Die Qualität der Leistung wird verbessert und die Zufriedenheit der
Pflegebedürftigen erhöht.
Die Vorschläge der Mitarbeiter sollten, soweit es vertretbar ist,
umgesetzt werden. Ist es nicht möglich, sind Gespräche notwendig.
Die Mitarbeiter müssen ihre Wünsche äußern können bei:
• Dienst- und Einsatzplanung
• Urlaubsplanung
• Fortbildungsangeboten
Im Umgang mit den Beschäftigten ist eine offene und wertschätzende Kommunikation sehr wichtig. Mitarbeiter, die in Gesprächen
oder Dienstbesprechungen die Gelegenheit haben über interne
Betriebsabläufe zu diskutieren und sich zu informieren, übernehmen Verantwortung und arbeiten aktiv für Verbesserungen
und/oder Veränderungen mit.
Ein neuer Mitarbeiter ist gefunden. Jetzt ist die weitere erfolgreiche
Zusammenarbeit wesentlich von einer guten Einarbeitung abhängig.
Die Einarbeitung neuer Kollegen braucht Zeit, egal ob es sich um
Pflegefachkräfte oder Pflegekräfte handelt.
Die ersten zwei Wochen sind eine aufregende Angelegenheit.
Unbekannte Betriebsabläufe, neue Kollegen, neue Aufgaben und
neue Pflegebedürftige. Um so wichtiger ist es, den Beschäftigten
vom ersten Tag an zu begleiten und über alle Gegebenheiten im
ambulanten Pflegedienst zu informieren.
Ein Einarbeitungskonzept (wird bei der Prüfung durch den MDK
verlangt) hilft den Mitarbeiter sich systematisch in das Arbeitsgebiet einzuarbeiten, angefangen bei der Vorstellung der Kollegen
und der Einrichtung bis hin zu betriebsinternen Abläufen.
Inhalte eines Einarbeitungskonzeptes:
• Vorstellen des Teams und Erklärung des Organigramms
• Einweisen in die Räumlichkeiten
• Einweisung in die Aufbau- und Ablauforganisation z.B.:
- Tagesablauf
- Pflegeleitbild
- Pflegedokumentation
- Pflegeplanung
- Dienstplan / Tourenplan
- Maßnahmen zur Sicherheit und Gesundheit
- Hygienevorschriften
- Notfallplanung
- Handhabung bei Schlüsselübergabe
• Vorstellung der Pflegebedürftigen / Angehörigen und Einführung in die Wohnung
• Einweisung in interne Formulare
• Erklärung über die Bedienung des Autos
• Arbeitsschutzunterweisung
Die richtige und schnelle Reaktion in akuten Entscheidungssituationen, das Eingehen auf unterschiedliche Verhaltensweisen
der Pflegebedürftigen und deren Angehörigen, hohe fachliche
Kompetenz und kein unmittelbarer Austausch mit den Kollegen vor
Ort, das sind die Anforderungen an die Pflegekräfte.
Eine permanente Qualifikation ist unerlässlich und gesetzlich vor-
geschrieben:
1. eine gesetzliche Verpflichtung gemäß der sozialen Pflegeversicherung § 80 SGB XI sowie im Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) und
2. eine Grundvoraussetzung und Existenzbedingung einer ambulanten Pflegeeinrichtung.
Neben den Fortbildungsangeboten muss der Mitarbeiter Zugang
zur Fachliteratur (Fachbücher, Fachzeitschriften) haben. Das
Internet ist eine weitere Möglichkeit für die Information. Der
Gesetzgeber schreibt eine jährliche Fortbildung vor, die Festlegung der Stundenanzahl obliegt dem Pflegedienst.
Analyse des Fortbildungsbedarfs:
Hilfreich ist eine Analyse über die Struktur der Pflegebedürftigen,
um die erforderlichen Wissensbereiche zu definieren (Bedarfsermittlung), z. B.:
• Sind überwiegend Pflegebedürftige mit gerontopsychiatrischen Krankheiten zu betreuen?
• Wie hoch ist die Zahl der Patienten mit Behandlungsbedarf nach SGB V § 37?
Zusätzlich sind Mitarbeitergespräche wichtig, um die Qualifikationswünsche der Beschäftigten zu ermitteln.
Unter Berücksichtigung der Unternehmensziele, des Qualitätsmanagements, der unterschiedlichen Qualifikationsprofile und der Absprachen im Team sollte ein Fortbildungsplan erstellt werden.
Inhalte der Fortbildung
• Pflegedokumentation / Pflegeplanung
• Umgang mit gerontopsychiatrisch veränderten Patienten
• Pflegeverständnis
• Wundversorgung
• Prophylaxen
• Dekubitusprophylaxe
• Inhalte der einzelnen Arbeitsaufgaben
• Beschwerdemanagement
• Umgang mit Konflikten
• Umgang mit nonverbaler, verbaler und psychischer Gewalt
• Gesprächsführung / der richtige Umgang mit Pflegebedürftigen und Angehörigen
• Arbeitssicherheit
• Sterbebegleitung
• Was tun im Notfall
Jeder Arbeitgeber hat gegenüber seinen Mitarbeitern eine
Fürsorgepflicht. Nach dem Arbeitsschutzgesetz § 12 und der
Unfallverhütungsvorschrift „Grundlagen der Prävention“ BGV A 1
ist er verpflichtet, die Beschäftigten regelmäßig in den Bereichen
Sicherheit und Gesundheit zu informieren und zu unterweisen.
Themenvorschläge:
• gesundheitsbewusstes Verhalten!
• sachgerechter Umgang mit Pflegehilfsmitteln
• sicherheitsgerechtes Verhalten am Arbeitsplatz
• Anwendung hygienischer Maßnahmen
Möglichkeiten der Information und Unterweisung
• Schriftliche Information
- Anweisungen
- Hinweisschilder
- Plakate zu entsprechenden Themen
- Informationsmaterial der Berufsgenossenschaft
- Rundschreiben
• Mündliche Information
- direkt am Arbeitsplatz in konkreten Situationen
- Gruppen- oder Einzelgesprächen
- Dienstbesprechungen
Unterstützung und Informationen für Unterweisungen erhalten Sie
bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtpflege.
5. Emotionsarbeit – Unterstützung bei emotionalen Belastungen
Auf ihrer täglichen Tour wird Frau Hinze mit unterschiedlichen
„Gefühlssituationen“, wie Scham, Ärger, Mitgefühl, Trauer, aber
auch Wut und Ekel konfrontiert.
Besonders der korpulente Herr Müller hat große Probleme, sich
von Frau Hinze waschen zu lassen. Bei jedem Besuch wird er
ausfallend und aggressiv. Außerdem leidet er unter dem Verlust
der Selbständigkeit, ist fordernd, wenig kooperativ, braucht viel
Zeit und Geduld. Herr Müller ist sehr anstrengend und kräftezehrend. Häufig fühlt sich Frau Hinze erschöpft und müde.
Der intensive Kontakt mit den Pflegebedürftigen und die
Gewissheit, anderen helfen zu können, ist für viele Pflegekräfte
der entscheidende Grund in diesem Beruf zu arbeiten. Einen verzweifelten Patienten wieder aufzurichten, ist möglicherweise
anstrengend, kann aber ein positives Erlebnis sein.
Die Tätigkeit verlangt hohe Sozialkompetenz und emotionale
Belastbarkeit. Pflegekräfte sind häufig die einzigen Bezugspersonen (einzige Gesprächspartner, einzige Vertraute) für die
Pflegebedürftigen. Das bedeutet, alle Sorgen und Freuden werden
an den Mitarbeiter weitergegeben. Der enge Kontakt mit den hilfebedürftigen Menschen und deren Angehörigen verlangt von den
Beschäftigten viel Mitgefühl und emotionale Unterstützung. Es entstehen aber auch durch die körpernahen und intimen Tätigkeiten
Gefühle wie Angst, Peinlichkeit, Abneigung und Aggression.
Die Pflegekräfte werden häufig von ambivalenten Gefühlen
gequält, d. h. die eigenen Gefühle stehen mit dem geforderten
Verhalten bzw. den Erwartungen im Widerspruch. Von den Beschäftigten wird erwartet, dass sie ihre Emotionen gegenüber den
Pflegebedürftigen kontrollieren und „zurückstellen“, um die fachlichen Anforderungen objektiv und kompetent zu erfüllen.
Eine Herausforderung für die Pflegekraft ist es – trotz Widerspruchs der eigenen Gefühle (emotionale Dissonanz) – im inneren
Gleichgewicht zu bleiben.
Der richtige Umgang mit den eigenen Emotionen ist ein wichtiger
Aspekt der Arbeit, der im beruflichen Alltag oft nicht ausreichend
beachtet wird. Auf Dauer kann das zu emotionalen Überlastungen
führen. Es ist wichtig, die eigenen Emotionen zu reflektieren und
mit ihnen umzugehen, um nicht Gefahr zu laufen, auszubrennen
und berufsunfähig zu werden. Die Gefahr eines Burn out Syndroms ist in sozialen Berufsgruppen hoch.
„Professionelle Gefühlsarbeit“ (hohes Maß an Gefühlskontrolle) ist
eine enorme Leistung und wird als Emotionsarbeit bezeichnet.
Emotionsarbeit
ist (bezahlte) Arbeit, bei der das Management
der eigenen Gefühle erforderlich ist, um nach außen in Mimik,
Stimme und Gestik ein bestimmtes Gefühl zum Ausdruck zu
bringen, unabhängig davon, ob dies mit den inneren
Empfindungen übereinstimmt oder nicht (Hochschild 1990).
Bei der Fülle der zu verarbeitenden Gefühle und einem dauerhaft
geforderten „Gefühlsmanagement“ kommt es häufig zu berufsbedingten Auswirkungen, wie abnehmende berufliche Motivation,
Aggressivität, Erkrankungen aufgrund von dauerhaftem Stress bis
hin zu den Symptomen eines Burn out.
Burn out bezeichnet das Gefühl des „Ausgebranntseins“.
Burn out umfasst drei Komponente:
• Emotionale Erschöpfung: das Gefühl des „Ausgelaugtseins“
• Depersonalisierung: innere Distanzierung von den Pflegebedürftigen, sie werden oft wie Objekte behandelt
• Reduziertes Leistungsvermögen und reduzierte Erfüllung:
das Gefühl, nicht mehr so leistungsfähig zu sein und den gestellten Anforderungen nicht mehr zu genügen.
Vorbeugen und Nachsorgen
Unterstützen Sie ihre Mitarbeiter und verhindern Sie emotionale
Überbelastungen.
Es ist möglich, sich von emotionalen Belastungen im Beruf zu
distanzieren, Perspektiven und Sichtweisen für sich zu entwickeln
und neue Verhaltensweisen zu lernen.
In der Berufspraxis kann Supervision helfen, mit den unerwünschten und belastenden Gefühlen umzugehen.
Supervision und Coaching
Supervision ist ein Instrument zur Unterstützung und Beratung
von Beschäftigten in beruflichen Zusammenhängen. Supervision (Praxisberatung) richtet sich an Einzelne sowie an
Gruppen und Mitarbeiter-Teams. Sie befasst sich mit konkreten
Fragestellungen aus dem Berufsalltag der Teilnehmer sowie
mit Fragen der Zusammenarbeit zwischen Personen in verschiedenen Rollen und Funktionen, Aufgabenbereichen und
Hierarchiestufen.
Ziel:
• Verbesserung der Arbeitssituation und der aufgabenspezifischen Kompetenzen. Supervision ist darauf angelegt, praxisnahes Lernen und die Qualität der Zusammenarbeit zu fördern.
• Entwicklung der Persönlichkeit, eigener Stärken und Durchsetzungsvermögen und nicht nur die Anpassung der Beschäftigten an bestehende Strukturen.
Soziale Kompetenzen stärken
Berufsbegleitende Fortbildungen zur Erweiterung des Fachwissens führen zur Entlastung und stärken die sozialen Wahrnehmungs- und Handlungskompetenzen.
Wie kann das erreicht werden?
• Regelmäßige Supervision und Arbeit an der Teamentwicklung
• Kommunikationstraining
• Organisationsberatung
• regelmäßiger Austausch mit Kollegen
• mitarbeiterfreundliche Arbeitszeiten für den notwendigen Ausgleich im privaten Umfeld
6. Hygienemanagement im ambulanten Pflegedienst
Bei ihrer Arbeit kommt Frau Hinze täglich mit Körperausscheidungen und Körperflüssigkeiten in Kontakt. Neben dem Gefühl
des Ekels befürchtet sie auch sich mit übertragbaren Erkrankungen anzustecken. In letzter Zeit arbeitet sie immer häufiger
mit Schutzhandschuhen, die sie sich selber besorgt. Bei den
Pflegebedürftigen hat sie damit schon für Verwirrung gesorgt,
aber nach einer Aufklärung über die Ansteckungsrisiken waren
die meisten mit den „Schutzmaßnahmen“ einverstanden.
Von einem Bekannten hat sie erfahren, dass der Arbeitgeber
nicht nur für bestimmte Impfungen aufkommen muss, sondern
auch für die Schutzhandschuhe und Schutzkleidung.
Unter Hygiene wird die „Erhaltung und Pflege der Gesundheit“
in allen Arbeitsbereichen einer ambulanten Pflegeeinrichtung
verstanden. Sie dient dem Schutz der Mitarbeiter und
Pflegebedürftigen vor Erkrankungen. In verschiedenen Gesetzen
und Verordnungen wird ein umfassendes Hygienemanagement
inkl. Erstellung von Hygieneplänen, Gesundheitsschutz und eine
bestimmte arbeitsmedizinische Vorsorge gefordert und vorausgesetzt.
Ziel:
Durch sicherheitstechnische (Sicherheitsfachkraft), arbeitsmedizinische (Betriebsarzt) und hygienische Maßnahmen sollen
Mitarbeiter und Pflegebedürftige vor übertragbaren Erkrankungen
geschützt werden. Ebenso sollen Krankheiten vorgebeugt,
Infektionen frühzeitig erkannt und deren Weiterverbreitung verhindert werden.
Gesetze und Verordnungen zur Hygiene
• Pflege- Qualitätssicherungsgesetz (§ 80 SGB XI)
• Infektionsschutzgesetz (§§ 33, 36, 42, 43 IfSG)
• Biostoffverordnung (BioStoffV)
• Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)
• Arbeitsschutzgesetz (§ 5 ArbSchG)
• Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtpflege BGW (Grundsätze der Prävention BGV A 1; Arbeitsmedizinische Vorsorge BGV A 4; Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege BGR/TRBA 250)
Das Hygienemanagement umfasst:
1. Hygieneplanung
2. Überwachung der Einhaltung von Hygienemaßnahmen und Infektionsprävention
3. Gesundheitsschutz und Infektionsprophylaxe der Mitarbeiter und Pflegebedürftigen
Es ist erforderlich, in das bestehende Qualitätsmanagement das Hygienemanagement in Zusammenarbeit mit den Fachkräften für Arbeitssicherheit (Sicherheitsfachkraft) und der Gesundheitsbehörde (Gesundheitsamt) zu integrieren.
1. Die Hygieneplanung
Die Erstellung eines Hygieneplans ist dann notwendig, wenn
ambulante Pflegeeinrichtungen Leistungen der häuslichen
Krankenpflege erbringen, d.h. dort wo mit einer Infektionsgefahr
gerechnet werden muss.
Die Verantwortung für die Erstellung eines Hygieneplanes liegt bei
der Pflegedienstleitung. Hygienebeauftragte können den Prozess
unterstützen.
Die gesetzlich geforderte Hygieneplanung setzt eine Gefährdungsbeurteilung, insbesondere der Infektionskette in Zusammenarbeit
mit Sicherheitsbeauftragten (je nach Betriebsgröße), Fachkräften
für Arbeitssicherheit, Gesundheitsamt und Betriebsarzt voraus.
Die gesetzliche Grundlage für die Gefährdungsbeurteilung ist das
Arbeitsschutzgesetz § 5 (ArbSchG).
Im Hygieneplan werden die Maßnahmen und Verfahren zur
Desinfektion (Hände- und Flächendesinfektion), Reinigung und
Sterilisation (Wäschereinigung, Sterilisation von Instrumenten)
sowie zur Ver- und Entsorgung (Verbandmaterialien etc.) mit den
einzelnen Verantwortlichkeiten festgelegt.
Der Hygieneplan beinhaltet: Wann, was, womit, wie und durch wen
etwas zu erfolgen hat (durch Reinigung und Desinfektion, durch
Kontrollen und Dokumentation).
Der Plan enthält die eingesetzten Präparate mit Namen, Anwendungskonzentration und Einwirkungsdauer.
Die Erarbeitung eines Hygieneplans sollte in Kooperation mit
dem Arbeitsstoff-Lieferanten erfolgen, damit genaue Informationen über Menge, Anwendungszeit und andere Gegebenheiten
vorliegen.
Die wichtigsten Hinweise sind den Sicherheitsdatenblättern der
Arbeitsstoffe, z. B. von Desinfektionsmitteln, zu entnehmen.
Inhalte eines Hygieneplanes
• Personalhygiene inklusive Händehygiene
• Infektionsprophylaxe
• Exposition durch biologische Arbeitsstoffe
• Hygienestandards
• Hautpflege und Hautschutz
• Umgang mit nosokomialen Erkrankungen
• Umgang mit Infektionskrankheiten und Meldepflicht nach §§ 6 und 7 IfSG
• Wäschehygiene
• Abfallentsorgung und Zuständigkeit
• Desinfektion (z.B. Hände- und Flächendesinfektion) und ggf. Sterilisation, z.B. durch einen Reinigungs- und Desinfektionsplan
Die Maßnahmen zu den Inhalten finden Sie in der BGR 250 Anhang 4 bzw. BGR 206.
Ziel der Hygieneplanung:
• Verhinderung der Vermehrung und Verbreitung pathogener Keime
• Reduzierung der Anzahl vorhandener Keime
• Verhinderung der Verbreitung von Erregern durch geeignete Maßnahmen während einer Gefährdung
2. Überwachung und Einhaltung der hygienischen Maßnahmen und Infektionsprophylaxe
Ein ambulanter Pflegedienst unterliegt der infektions-hygienischen
Überwachung durch das Gesundheitsamt.
Die Mitverantwortung für die Einhaltung und Kontrolle aller
Hygienemaßnahmen wird an Hygienebeauftragte oder an Hygieneteams in Zusammenarbeit mit der verantwortlichen Pflegedienstleitung übertragen.
Checklisten im Bereich der Hygiene können auch als Nachweisdokumente verschiedener eingeleiteter Maßnahmen dienen z. B.:
• Checklisten für unterschiedliche Reinigungsarbeiten
• Checklisten für verschiedene Kontrollen
• Checklisten zur Desinfektion
3. Gesundheitsschutz und Infektionsprophylaxe der Mitarbeiter und Pflegebedürftigen
Die Unfallverhütungsvorschrift „Biologische Arbeitsstoffe im
Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege BGR 250/TRBA
250“ beinhaltet eine Reihe von Maßnahmen zum Schutz vor
Infektionserkrankungen, wie z. B.:
• Erstellung eines Hygieneplans zur Desinfektion
• Reinigung, Ver- und Entsorgung
• Anzeigepflicht bei übertragbaren Krankheiten und Unfällen
• Immunisierung der Mitarbeiter
• Umgang mit der Schutzkleidung.
Die BGR 250/TRBA 250 konkretisiert die Forderungen der
Biostoffverordnung (BioStoffV) für die Bereiche Gesundheitswesen und Wohlfahrtspflege.
Im Folgenden werden einige Punkte näher beschrieben.
Schutzkleidung
Die Übertragung von Infektionserkrankungen ist in der Pflege
keine Seltenheit.
Die Übertragungswege können sein:
• Stich- und Schnittverletzungen
• Kontamination mit infektiösem Blut und anderen Körperflüssigkeiten
Schutzkleidung ist jede Kleidung, die dazu bestimmt ist, die
Mitarbeiter vor schädigenden Einwirkungen biologischer
Arbeitsstoffe zu schützen.
Bei Infektionsgefahr darf die Schutzkleidung bei der Ausübung der
Tätigkeit nicht fehlen!
Die Mitarbeiter sind nach der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ BGV A 1 § 30 zum Tragen der Schutzkleidung verpflichtet.
Zur Schutzkleidung bzw. persönlichen Schutzausrüstung zählen:
• Kittel und Hose
• dünnwandige und flüssigkeitsdichte Handschuhe
• feste und flüssigkeitsdichte Handschuhe zum Desinfizieren und Reinigen
• flüssigkeitsdichte Schürzen (bei Bedarf)
• flüssigkeitsdichte Schuhe (bei Bedarf)
• Gesichts- oder Kopfschutz (bei Bedarf)
Sie als Unternehmer sind verpflichtet Ihren Mitarbeitern je nach
Bedarf und Art der Pflege ausreichend geeignete Schutzkleidung
zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren müssen Sie dafür sorgen,
dass die Kleidung desinfiziert, gereinigt und in Ordnung gehalten
wird. Die Mitarbeiter müssen die Möglichkeit haben, die Kleidung
mindestens zweimal in der Woche zu wechseln.
Pflegebedürftige, die Leistungen aus der Pflegeversicherung
erhalten, können nach § 40 SGB XI finanzielle Mittel für
Pflegehilfsmittel beantragen. Schutzhandschuhe können somit
durch den Pflegebedürftigen gestellt werden.
Richtiger Umgang mit der Schutzkleidung
• Wechsel der Kittel und / oder Schürzen, sobald sie mit
Ausscheidungen und Körperflüssigkeiten in Kontakt
gekommen sind.
• Die vorn zu verschließende Schutzkleidung über der
Berufskleidung tragen.
• Verunreinigte Kleidung umgehend wechseln und von
anderer Kleidung fern halten.
• Keine Kittel während der Mahlzeiten oder in
Aufenthaltsräumen bei Dienstbesprechungen tragen!
• Die Schutzkleidung nicht zu Hause waschen, da die
Infektionserreger übertragen werden können.
Richtiger Umgang mit Schutzhandschuhen
• Schutzhandschuhe müssen bei folgenden Tätigkeiten
getragen werden:
a) Kontakt mit Köperflüssigkeiten und Körperausscheidungen
b) Arbeiten mit Reinigungs- und Desinfektionsmitteln.
• Mit den Handschuhen keine anderen Gegenstände wie
Türgriffe, Telefone, Schreibgeräte usw. anfassen. Die
Utensilien für die Arbeit vorher zurechtlegen.
• Zusätzlich Desinfektionsmittel ständig mitführen
und benutzen.
• Aufklärung der Pflegebedürftigen und Angehörigen über
die Erfordernisse der Hygienemaßnahmen und die Notwendigkeit des Handschuhtragens. So werden Missverständnisse vermieden.
Immunisierung der Mitarbeiter
Infektionskrankheiten können durch Impfungen vorgebeugt werden.
Auch hier besteht die gesetzliche Pflicht des Unternehmers, für
eine Immunisierung der Mitarbeiter zu sorgen und für die Kosten
aufzukommen, wenn die Mitarbeiter Tätigkeiten ausführen, bei
denen es regelmäßig zum Kontakt mit infektiösem Material wie
Körperflüssigkeiten oder Ausscheidungen kommt.
Die notwendigen Impfungen werden mit dem Arzt festgelegt, der
die arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung durchführt.
Bedingt durch den Kontakt der Mitarbeiter mit den Pflegebedürftigen, ist die Exposition mit Körperausscheidungen und
Körperflüssigkeiten sehr hoch. Die Tätigkeit mit biologischen
Arbeitsstoffen (Mikroorganismen) kann zur Übertragung von
Bakterien, Pilzen oder Viren führen z.B. durch Nadelstichverletzungen.
Nach der Biostoffverordnung (§15) sind Beschäftigte, die biologischen Arbeitsstoffen ausgesetzt sind, vor Aufnahme der Tätigkeit
und dann in regelmäßigen Abständen arbeitsmedizinisch durch
den Betriebsarzt zu untersuchen, aufzuklären und über mögliche
Impfungen zu beraten.
In der „Technischen Regel für biologische Arbeitsstoffe TRBA 300
Arbeitsmedizinische Vorsorge“ sind Tätigkeiten und biologische
Arbeitsstoffe aufgeführt, für die die Pflegeeinrichtung arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen anbieten muss.
Immun sein gegen Krankheiten
• Über geeignete Impfungen durch den Betriebsarzt beraten lassen.
• Immunstatus feststellen: Für die Mitarbeiter kann das im Rahmen der „Arbeitsmedizinischen Vorsorge“ geschehen.
• Die Kosten für die notwendige Immunisierung der Mitarbeiter müssen Sie als Arbeitgeber übernehmen.
• Impfschutz alle zehn Jahre testen und bei Bedarf auffrischen lassen.
• Die Mitarbeiter regelmäßig schulen und für die Erfordernisse der Hygiene und Infektionsprophylaxe sensibilisieren.
Anzeigepflicht bei übertragbaren Krankheiten
Die zuständige Behörde ist bei jedem Unfall zu informieren. Jede
Betriebsstörung im Zusammenhang biologischer Arbeitsstoffe, die
zu einer Gesundheitsgefahr der Mitarbeiter führen kann, ist zu
melden.
Zu den übertragbaren Krankheiten, die für die Mitarbeiter schwerwiegende Folgen haben können, gehören die Krankheiten, die
nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) in den §§ 6 und 7 zu
melden sind und solche, die epidemisch verlaufen und mit
Komplikationen einhergehen z. B. Virusgrippe, Staphylokokken
Pneunomie etc.
Eine Meldepflicht besteht, wenn die Krankheit bei einem Pflegebedürftigen oder Mitarbeiter aufgetreten ist.
Richtig bei übertragbaren Krankheiten reagieren
• Beim Auftreten übertragbarer Krankheiten sofort:
1. den Arzt verständigen, der die arbeitsmedizinische
Untersuchung durchführt und
2. bei der zuständigen Behörde melden.
• Bei Verdacht einer übertragbaren Krankheit durch organisatorische und hygienische Maßnahmen die Übertragung auf
andere Personen verhindern.